„Ein Schlaganfall ist eine der dramatischsten medizinischen Notfallsituationen überhaupt – und zugleich ein Wettlauf gegen die Zeit“, sagt Prof. Dr. Felix Schlachetzki. Als Chefarzt zweier neurologischer Zentren der medbo Klinik für Neurologie und Vorstandsvorsitzender der Schlaganfall-Initiative Regensburg e.V. weiß er: „Eine rechtzeitige und strukturierte Therapie kann nicht nur bleibende Schäden vermeiden, sondern auch das ansonsten sehr große Risiko eines zweiten Schlaganfalls um bis zu 80 Prozent senken.“ Weil jeder Schlaganfall anders verläuft, brauche es auch immer wieder neue Wege in Prävention, Behandlung und Nachsorge – wissenschaftlich fundiert, interdisziplinär gedacht und nah an der Praxis.
Mit diesem Anspruch hat die Schlaganfall-Initiative Regensburg in diesem Jahr erstmals Publikationspreise vergeben – in den Kategorien Medizin, Pflege und Therapie. Überreicht wurden die Auszeichnungen im Rahmen der jährlichen Informationsveranstaltung zur Schlaganfallprävention am Regensburger Neupfarrplatz – durch Prof. Schlachetzki gemeinsam mit dem 2. Vorstandsvorsitzenden des Vereins, Prof. Dr. Hendrik-Johannes Pels, dem Chefarzt der Klinik für Neurologie am Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg.
Kategorie Medizin: Analyse zu Umgehungskreisläufen im Gehirn
In der Kategorie Medizin ging der erste Preis an Lucia Kuhl und Dr. Thomas Borgmann (Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Regensburg), die in einer retrospektiven Analyse den Zusammenhang zwischen sogenannten Umgehungskreisläufen im Gehirn und dem Erfolg einer Thrombektomie untersuchten. Die Frage: Wie beeinflussen alternative Blutflusswege das Behandlungsergebnis bei großen Gefäßverschlüssen?
Kategorie Therapie: Frührehabilitation und logopädische Impulse
Den ersten Preis in der Kategorie erhielten Hella Wolf und Bernhard Meyer (Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg), die in ihrer logopädischen Studie untersuchten, wie sich durch spezielle orale Stimulation die Sprachmuskulatur bei Patienten mit akuten Sprachstörungen (Dysarthrie) aktivieren lässt. Ein therapeutischer Ansatz, der das Potenzial hat, Sprachfähigkeit frühzeitig positiv zu beeinflussen.
Der zweite Preis in der Therapiekategorie ging an Klaus Bertelt, Leiter der klinikübergreifenden Physiotherapie bei der medbo. Sein Konzept setzt auf ein intensives, individualisiertes Bewegungstraining bereits in der Frühphase nach dem Schlaganfall. Die Idee: früh beginnen, gezielt trainieren, Langzeitfolgen reduzieren – abgestimmt auf die jeweiligen körperlichen Voraussetzungen.
Kategorie Pflege: Versorgungsansätze aus dem klinischen Alltag
In der Kategorie Pflege wurden alle drei Plätze jeweils doppelt vergeben. Ein erster Preis ging an Mareike Pösch und Josef Bumeder, Pflegekräfte im medbo Zentrum für neurologische Rehabilitation auf Station 14b. Ihre Forschungsarbeit untersuchte, ob das Hören von individuell favorisierter Musik bei intensivpflichtigen Schlaganfallpatienten helfen kann, den Stresspegel zu senken – eine kreative und alltagsnahe Maßnahme mit großem entlastendem Potenzial.
Den zweiten ersten Preis erhielt Manuela Bauriedl (Universitätsklinikum Regensburg UKR). Sie widmete sich einer bislang wenig beachteten pflegerischen Intervention: der gezielten Mundpflege bei älteren Schlaganfallpatienten. Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine strukturierte Mundhygiene das Risiko für Lungenentzündungen – eine häufige Komplikation – deutlich senken kann.
Einen zweiten Preis sicherte sich Cindy Lebegern (Universitätsklinikum Regensburg UKR) für die Konzeption und Durchführung eines zweitägigen Workshops zur therapeutisch-aktivierenden Pflege bei Patienten mit erworbener Hirnschädigung. Grundlage ihrer Arbeit ist das Bobath-Konzept. Ein etabliertes pflegerisch-therapeutisches Verfahren, das darauf abzielt, Bewegungsabläufe und Körperwahrnehmung durch gezielte Reize im Alltag zu fördern.
Ebenfalls mit einem zweiten Platz in der Pflege-Kategorie wurde Thomas Beie ausgezeichnet. Er ist Pflegekraft im medbo Zentrum für neurologische Reha auf Station 24c. Seine Arbeit analysierte, wie eine frühzeitige Mobilisation nach Schlaganfall durch pflegerische Begleitung gelingen kann – ein wesentlicher Faktor für die körperliche Stabilisierung im Rehabilitationsverlauf.
Auf dem dritten Siegertreppchen stand Roland Maurer, Stationsleitung der medbo-Intensivstation 22b. Seine Bachelorarbeit untersuchte, wie sich eine wissenschaftlich fundierte Umstellung des Speisenangebots der medbo positiv auf Prävention und Genesung in der Schlaganfallversorgung auswirken kann.
Auch Nico Englisch - Pflegekraft im medbo Zentrum für neurologische Reha, Station 24b - konnte sich über einen dritten Preis freuen. Seine Studie entwickelte ein pflegerisches Trainingsprogramm für Patienten mit einseitiger Lähmung (Hemiparese), das auf Erhalt und Förderung alltagsrelevanter Bewegungen zielt – mit Fokus auf Selbstständigkeit trotz Einschränkung.
Bewertung durch eine fachübergreifende Jury
Alle Arbeiten wurden durch eine dreiköpfige Expertenjury aus je einem Vertreter der medbo, des UKR und des Krankenhauses Barmherzige Brüder Regensburg bewertet – unabhängig und nach einheitlichen Kriterien. Bewertet wurden unter anderem Praxisrelevanz, wissenschaftliche Qualität und Innovation. „Dass in allen drei Berufsgruppen so hochwertige Beiträge eingereicht wurden, zeigt das enorme Potenzial im gesamten klinikübergreifenden Versorgungsteam“, sagt Schlachetzki. „Wir brauchen genau diese Impulse aus der Praxis – ob aus ärztlicher, pflegerischer oder therapeutischer Sicht. Nur wenn alle Berufsgruppen Hand in Hand arbeiten, gelingt es uns, Schlaganfallversorgung nachhaltig weiterzuentwickeln.“
Jedes Jahr kommt der rote Info-Bus "Schlaganfall Herzenssache" in die Regensburger Altstadt, um als Blickfang bei der Aufklärung der Bevölkerung in puncto Schlaganfall zu helfen. Diese Aktion der Firma Boehringer Ingelheim wird mit den drei Regensburger Stroke Units unter der Schirmherrschaft der Schlaganfall Initiative Regensburg e. V. betrieben.
Nachdem eine Stunde vor Beginn der Aktion der Schlaganfall-Bus ausfiel, fackelten in die Initiatoren nicht lange und organisierten einen aufstellbaren Pavillion und ließen den Bus ein "Schlaganfall-Fahrrad" sein. So konnte trotzdem interessierten Passanten eine kostenlose Ultraschalluntersuchung der Halsschlagadern zur Abschätzung des Schlaganfallrisikos angeboten und über die typischen Symptome eines akuten Schlaganfalls aufgeklärt werden – von akuten Sprachstörungen bis hin zu Lähmungserscheinungen im Gesicht und des Körpers.
Die Schlaganfall-Initiative Regensburg e.V. ist ein Zusammenschluss neurologischer Fachabteilungen des medbo Bezirksklinikums und des Krankenhauses Barmherzige Brüder sowie seit wenigen Jahren des Universitätsklinikums Regensburg (UKR). Blutdruck senken, Rauchen aufhören, Blutzucker behandeln und Bewegungsmangel vorbeugen: Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, die Bevölkerung über das Krankheitsbild des Schlaganfalls zu informieren, Prävention zu betreiben und für den Fall der Fälle die richtige, schnelle und zeitgerechte Therapie zu initiieren.
In diesem Jahr hat die Initiative Publikationspreise für Ärzte, Therapeuten und Pflege der Regensburger Stroke Units mit Bezug auf den Schlaganfall ausgerufen, die im Rahmen der Info-Veranstaltung durch die Vereinsvorsitzenden Prof. Felix Schlachetzki und Prof. Hendrik Pels vergeben wurden.