Zankapfel statt Lebkuchen

Was tun, wenn es in der „staden Zeit“ so richtig kracht?

Man mag sich in der Adventszeit noch so bemühen, irgendwann glühen die Drähte trotzdem durch. Warum streiten wir genau an Weihnachten? Und wie lässt sich der Zank unterm Christbaum vermeiden?

"Schon die Vorweihnachtszeit laugt unheimlich aus“, weiß Dr. Julia Prasser, Chefärztin des medbo Zentrums für Psychiatrie Cham | Amberg. „Wenn an Heiligabend der organisatorische Druck von uns abfällt, haben wir meist keine Energie mehr, uns zurückzuhalten.“

Zudem ist Weihnachten mit hohen Erwartungen verknüpft. „Aus unserer Kindheit meinen wir zu wissen, dass Heiligabend etwas Besonderes sein muss. Fehler oder Konflikte wiegen dann schwerer, wir sind eher enttäuscht, dass es nicht so läuft, wie wir wollten“, erklärt Prasser.

Mit mehr Energie in die Endrunde

Darum rät Dr. Prasser zur Entschleunigung. „Legen Sie Pausen ein, im Großen wie im Kleinen. Gönnen Sie sich ein paar ruhige Minuten mit einer Tasse Tee.“ Das geht nur, wenn man Vorhaben streicht. Es muss nicht jede Weihnachtsfeier besucht, nicht jede Plätzchensorte gebacken werden. Wer rechtzeitig mit dem Organisieren und Geschenkesuchen anfängt, ist zum Schluss hin weniger unter Zeitdruck.

„Oft hilft es, bei der einen oder anderen Sache einfache Alternativen zu wählen“, so Dr. Prasser. Nicht immer braucht es an Weihnachten das aufwändige Drei-Gänge-Menü. Stimmung kommt auch dann auf, wenn nicht das ganze Haus geschmückt ist. Statt alle Pflichtbesuche an Weihnachten „abzuarbeiten“, können Einladungen zur Entzerrung auch zwischen die Jahre gelegt werden. „Es ist außerdem vernünftig, Geschenke nach Wunschliste zu besorgen, statt zwanghaft kreativ zu werden“, so die Psychiaterin.

Oft hält man um der Tradition willen an Ritualen fest, die alle gleichermaßen als anstrengend empfinden. „Klären Sie mit Ihren Liebsten, was wichtig ist und worauf gerne mal verzichtet werden kann“, sagt Julia Prasser. Das ist keineswegs Ausdruck mangelnder Nächstenliebe, im Gegenteil: Weniger Stress ist mehr Weihnachten!

Stressfest durchs Stress-Fest

Kommt die Verwandtschaft an Weihnachten zusammen, gibt es fast immer Themen mit Konfliktpotenzial. „Stellen Sie vorab klar, dass diese an der Festtafel nichts verloren haben“, so Dr. Prassers Rat. „Lassen sich zwei Streithähne partout nicht vom Zanken abhalten, mag es helfen, sie an getrennten Tagen einzuladen“.

Doch manchmal sorgen scheinbar harmlose Fragen für Ärger: die Heirat, die doch endlich stattfinden möge, die erhofften Enkel, der Studienabschluss. „Oft stehen hinter unangenehmen Fragen Botschaften, die das Gegenüber anders nicht in Worte fassen kann“, erklärt Chefärztin Prasser. Etwa: Wie verläuft dein Weg – und welche Rolle nehme ich dabei ein? „Zählen Sie bis Zehn, bevor Sie auf schnippische Kommentare reagieren“, rät sie, „dann fällt die Antwort überlegter aus.“

Alkohol: Streitlust mit Schuss

Für mehr Zurückhaltung sorgt auch der Verzicht auf Alkohol. „Alkohol greift in viele verschiedene Neurotransmittersysteme des Gehirns ein. Dadurch fördert er unter anderem Aggressivität und Konfliktbereitschaft“, erklärt die Psychiaterin.

Gönnen Sie sich und anderen außerdem Rückzugsmöglichkeiten, etwa bei einem Spaziergang. Sinnvoll ist es, einen ruhigen, terminfreien Tag zuhause nur für Partner und Kinder freizuhalten. Dieser Puffer hilft, Energie zu tanken. Dr. Julia Prasser: „An Weihnachten geht es schließlich nicht ums Funktionieren, sondern darum, ein paar schöne Stunden mit seinen Liebsten zu verbringen“.

Hilfe bei schweren seelischen Krisen:
Nicht nur an Weihnachten

Ob Krieg, Klima, Energie, Pandemie: Es sind nicht nur persönliche Themen wie finanzielle Sorgen, Krankheit oder Stress im Beruf, die viele Menschen derzeit verunsichern und zu Überlastung führen.

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